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Agile Management Methode: Systemisches Konsensieren

Tagtäglich stehen innerhalb von Organisationen Entscheidungen an. Auf Manager-Ebene, im Team, der Abteilung oder einer Projektgruppe. Verschiedene Charaktere und Ansichten beleben den Austausch, ermöglichen unterschiedliche Perspektiven, sorgen für Vielfalt und fördern Synergieeffekte. Doch wie wird in solch einer Runde eine wirkliche Entscheidung getroffen, die so weit wie möglich alle Meinungen berücksichtigt und einbezieht bzw. Kooperationen schafft? Eine relativ neue Methode aus den agilen Management Methoden heißt systemisches Konsensieren. Die Herkunft des Begriffs, Inhalte und Vorgehen werden in diesem Blog-Artikel näher beleuchtet.

Bedeutung des systemischen Konsensierens

Der Begriff des systemischen Konsensierens stammt aus den agilen Management Methoden und leitet sich von den Worten systemisch und Konsens ab. Unter systemisch ist die Gesamtbetrachtung eines Systems zu verstehen. Ein Konsens ist eine übereinstimmende Auffassung aller Teilnehmer. Ziel des systemischen Konsensierens ist es also, eine gemeinsame Übereinstimmung im Team zu erreichen und dafür alle Informationen der am System Beteiligten einzubeziehen. Die größtmögliche Übereinstimmung bestimmt die Entscheidung in diesem Kreativ-Prozess. Eine weitere Eigenschaft des systemischen Konsensierens ist das Ausschließen von Null-Lösungen, heißt, sich gar nicht zu entscheiden.

Ursprung der agilen Management Methode: systemisches Konsensieren

Die Methode des systemischen Konsensierens wurde von den Österreichern Siegfried Schrotta und Erich Visotschnig Anfang der 80er Jahre entwickelt. Systemisches Konsensieren wird oft auch „die Kunst der Entscheidungsfindung“ genannt.

Vorgehensweise beim systemischen Konsensieren

Der Fokus beim systemischen Konsensieren liegt nicht auf der größtmöglichen Übereinstimmung hinsichtlich der bevorzugten Variante, sondern auf der Möglichkeit, die den geringsten Widerstand aller Beteiligten hervorruft. Dies verhindert auch das spätere Torpedieren oder Untergraben der Entscheidung durch sich benachteiligt fühlende Teammitglieder.

Zuerst müssen die möglichen Lösungen benannt und beschrieben werden, so dass alle am Prozess Beteiligten den gleichen Informationsstand und ein umfassendes Bild über das Projekt und die diversen Varianten haben.

Jeder Entscheider vergibt nun für jede Variante Widerstandspunkte. Wird kein Widerstand für eine mögliche Lösung verspürt, werden 0 Punkte vergeben, bei unüberwindbarem Widerstand 10. Mithilfe einer Matrix werden die Ergebnisse visualisiert und am Ende die Punkte zusammengerechnet. Das Ergebnis mit den wenigsten Widerstandspunkten wird zur gemeinsamen Entscheidung.

Fallbeispiel des systemischen Konsensierens

Vier Prominente gehen zusammen essen. Es geht um die Wahl zwischen drei Restaurants oder überhaupt nicht essen zu gehen.

| Prominente | Italienisch | Mexikanisch | Japanisch | Deutsch | Null-Lösung
Mike Tyson | 5 | 1 | 10 | 3 | 10
Will Smith | 5 | 2 | 5 | 3 | 6
Robert Downey Jr. | 2 | 2 | 5 | 0 | 5
Elon Musk | 10 | 5 | 0 | 6 | 8
Gesamt | 22 | 10 | 20 | 12 | 29
Interpretation der Ergebnis-Matrix: Bei allen Beteiligten besteht am wenigsten Widerstand, gemeinsam mexikanisch essen zu gehen. Das italienische Essen wird von allen Befragten am stärksten abgelehnt. Weiterhin kann auf der Ergebnisseite für die Null-Lösung herausgelesen werden, dass jedoch alle lieber ein gemeinsames Essen einnehmen würden, als gar nicht essen zu gehen.

Kurzvariante für Großgruppen

Eine schnelle Möglichkeit, die Widerstände in großen Gruppen zu berechnen ist bspw. das Heben der Hände. Hier gibt es drei Varianten. Bei großem Widerstand heben die Befragten beide Hände, bei mittlerem Widerstand eine Hand und bei gar keinem Widerstand bleiben beide Hände unten. Mit dieser Methode können Widerstände schnell und unkompliziert durchgezählt werden.

Kritik

Der geringste Widerstand bedeutet nicht automatisch die beste Lösung. Es besteht die Möglichkeit, dass einige Wenige sehr große Widerstände empfinden, die aufgrund durchaus berechtigter Empfindungen entstanden sind. Eine Gefahr bei dieser agilen Management Methode scheint die Vernachlässigung der Diskussion und der Auseinandersetzung zu sein. Bei der Entscheidungsfindung mithilfe des systemischen Konsensierens kann es an einem Rasenmäher gleichkommen, der über alles drüber mäht, auch wenn der Rasenmäher von vielen Beteiligten unabgesprochen betätigt wird. Wichtig ist es daher hervorzuheben, dass systemisches Konsensieren nicht das alleinige Vorgehen darstellen sollte, sondern im Anschluss ggf. die 2 – 3 Lösungen mit den wenigsten Widerständen noch diskutiert werden sollten.

Fazit

Das systemische Konsensieren ist ein Weg, gemeinschaftliche Entscheidungen mit dem geringsten Widerstand zu treffen und Null-Lösungen weitestgehend auszuschließen. Es schließt alle möglichen Lösungen gleichberechtigt ein und die Beteiligten haben die gleichberechtigte Chance, diese zu bewerten. Eine eventuelle Schwierigkeit könnte das reine Anwenden der Matrix bzw. der Entscheidung aufgrund der Ergebnisse sein, da dann die Komponenten des Austauschs und der Diskussion wegfallen. Mögliche Vorgehensweisen wären, z. B. die 2 – 3 besten Lösungen zu diskutieren oder die entsprechenden Beteiligten auf markante Ausreißer anzusprechen, wenn also grundsätzlich fast kein Widerstand besteht, jedoch bei einer Person ein augenscheinlich großer.

Ein weiterer Nachteil ist das Fokussieren auf individuelle Widerstände bzw. den geringsten Widerstand, nicht auf die beste Lösung. Vielleicht wäre eine ähnliche Methode unter Hinzunahme von Punkten und der Matrix eine Idee, dann jedoch mit der Bewertung der Befürwortungen. Hier würde sich die Konzentration auf die Gemeinsamkeiten richten. So würde sich das Ziel mit der Fragestellung von „Welche Lösung stört mich am wenigsten?“ zu „Was möchten wir zusammen erreichen?“ verändern.